Softwaregiganten wehren sich gegen Ansturm der Startups
Microsoft führt die Rangliste mit einem Software-Umsatz von 62,0 Milliarden Dollar unverändert und unangefochten an, gefolgt von Oracle (29,9 Milliarden Dollar) und IBM (29,3 Milliarden Dollar), die allerdings im Vergleich zum vorangegangenen Ranking aus dem Jahr 2012 die Plätze getauscht haben. Nicht auf das Treppchen geschafft hat es der größte deutsche Softwarehersteller SAP. Die Softwerker aus dem badischen Walldorf kommen mit 18,8 Milliarden Dollar auf Platz vier. Insgesamt schafften es neben SAP vier weitere deutsche Konzerne ins Ranking: Siemens (16), Datev (48), die Software AG (54) und Wincor Nixdorf (66).
Auch wenn sich Namen an der Spitze des Software-Rankings nicht ändern – im globalen Softwaremarkt herrscht mehr Bewegung als je zuvor, konstatieren die Studienautoren. „Jeder der vier Top-Platzierten hat zuletzt bedeutende Übernahmen im Cloud-Bereich gestemmt“, sagte Werner Ballhaus, Leiter des Bereichs Technologie, Medien und Telekommunikation bei PwC in Deutschland. „Das zeigt, wohin die Entwicklung geht: Es gibt zwar einige Milliardenkonzerne, die ihr gewohntes Wachstumstempo nicht mehr halten können. Stilbildend sind aber eher die Beispiele, wo die Platzhirsche ihre Finanzkraft spielen lassen und durch Akquisitionen von Startups ihre Marktanteile erfolgreich verteidigen.“ Als Beispiel führt Ballhaus die Übernahme des Expense-Management-Software-Spezialisten Concur Technologies durch SAP an.
Softwaregeschäft wächst zweistellig
Insgesamt bezifferte PwC das Volumen des weltweiten Softwaremarkts 2014 auf 385,3 Milliarden Dollar. Gegenüber 2012 (347,6 Milliarden Dollar) bedeutet das ein Plus von rund 10,8 Prozent. Mit dieser Wachstumsrate können indes die Top-10-Anbieter nicht mithalten. Microsoft, Oracle, IBM und Co. legen um 6,3 Prozent von 162,5 auf 171,7 Milliarden Dollar zu. Deutlich schneller wachsen die Verfolger: Die Umsätze der Anbieter von Platz elf bis 100 wuchsen um 17,3 Prozent von 86,0 auf 100,9 Milliarden Dollar. Und auch die kleineren Anbieter jenseits der Top-100-Liste steigerten sich insgesamt um 12,6 von 100,1 auf 112,7 Milliarden Dollar.
„In der Softwareindustrie beobachten wir momentan evolutionäre wie revolutionäre Entwicklungen zugleich“, diagnostizierte Ballhaus und verwies in dem evolutionären Zusammenhang beispielsweise auf den rasanten Aufstieg von Cloud-Dienstleistungen wie Software-as-a-Service (SaaS). „Obwohl die ganze Idee erst wenige Jahre alt ist, macht sie sich jetzt schon daran, das klassische Geschäftsmodell vieler Softwarefirmen – also den Verkauf von Lizenzen – nicht nur zu gefährden, sondern sogar abzulösen“, so Ballhaus. Dieser Trend spiegele sich auch im Ranking. Intuit (Platz 10) erzielt der Studie zufolge bereits beeindruckende 46 Prozent seiner Umsätze mit SaaS und verwandten Services. Adobe (Platz 11) kommt auf 23 Prozent, Cisco Systems (Platz 14) auf 35 Prozent und Citrix (Platz 19) auf 27 Prozent. Mit Salesforce auf Rang neun hat sich zudem bereits ein reiner Cloud-Anbieter unter den Top-10 platziert.
Für revolutionär hält Ballhaus einen anderen Trend, der aus seiner Sicht die gesamte Wirtschaft zunehmend erfasst: Software-basierte Innovationen würden demzufolge immer mehr Industrien regelrecht durchdringen. „Auf welche Branchen wir auch schauen, ob Automobilbau oder Einzelhandel, ob Energiewirtschaft oder Touristik: Intelligente Softwarelösungen machen einen ständig wachsenden Anteil an der Wertschöpfung aus“, stellte Ballhaus fest. Beispiele des Flugzeugbauers Boeing und des Mischkonzerns General Electric seien zudem ein Beleg dafür, dass die Grenzen zwischen klassischen Industrieunternehmen und Softwarefirmen mittlerweile fließend seien. Gleiches gelte für Siemens – ein Unternehmen, das man in der Öffentlichkeit nicht unbedingt mit Software verbinde. Der Dax-Konzern kam der Studie zufolge 2014 auf einen Softwareumsatz von 2,6 Milliarden Dollar und schafft es im PwC-Ranking damit auf Platz 16. Die Münchner platzierten sich damit sogar vor Google, obwohl der US-Gigant einen der größten Sprünge überhaupt machte, nämlich von Rang 52 auf Rang 20.
Das sind die drei Schlüsseltrends
Die PwC-Experten haben auf Basis ihrer Untersuchungen drei Schlüsseltrends für die weitere Entwicklung der Softwarebranche identifiziert:
- Digitale Innovation: „Nie war das Innovationstempo gerade im Startup-Bereich höher, als es das momentan ist. Die Gründe liegen nicht zuletzt auf der Finanzierungsseite. Wegen der niedrigen Zinsen halten Private-Equity-Firmen und Hedge-Fonds zunehmend Ausschau nach neuen Anlageklassen – und finden sie in der Wagnisfinanzierung. Dadurch erhalten junge Unternehmen plötzlich Zugriff auf milliardenschwere Budgets. Dieses Geld wiederum trifft auf großartige, Software-gestützte neue Ideen, wobei die Bandbreite von Fintechs bis hin zu Sharing-Unternehmen wie Uber, Airbnb oder dem Düsseldorfer Unternehmen mit dem gleichnamigen Portal trivago reicht.“
- Industrie 4.0: „Viele der neuen Technologien verschwimmen auf eine beinahe symbiotische Weise miteinander. In besonderem Maße gilt dies für das „Internet of Things“ (beziehungsweise die ‚Industrie 4.0‘): Durch Sensoren werden Gegenstände zu intelligenten Informationsvermittlern, die Daten senden, speichern oder analysieren. Dafür aber wiederum braucht es als technologischen Wegbereiter die entsprechende Software. Und genau das ist es, was momentan passiert: Mobilität, Konnektivität, Analytik und Cloud – alles wird zu einem großen Paket.“
- Konvergenz: „Software-Knowhow wird in praktisch jeder Branche zur Kernkompetenz. Das gilt für die Finanzindustrie, der mit der Blockchain eine regelrechte Umwälzung bevorstehen könnte. Das gilt für die produzierende Industrie, der sich durch intelligente Anwendungen völlig neue Möglichkeiten eröffnen. Und das gilt für Handelsunternehmen, die durch neue Softwarelösungen heute ganz anders mit ihren Kunden interagieren können als noch vor wenigen Jahren.“
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